Das Narrenschiff legt ab. Ein Symbol im Wandel der Zeiten

Dienstag, 20. Juni 2023, 19:00
 
 
Mit Kuratorin Stefanie Hoch, Museumsdirektor Markus Landert und Kulturvermittlerin Sabine Münzenmaier.

Im Juni heisst es "Leinen los" – die Kuratorin, der Museumsdirektor und eine Kunstvermittlerin stechen in Form einer kurzweiligen Wissenschaftsreise in See, um dem Begriff "Narrenschiff" und seinen Bedeutungen auf die Spur zu kommen. Die gleichnamige Filminstallation des international bekannte Künstlers Javier Téllez entstand 2022 auf dem Bodensee und beeindruckt durch ihre hochaktuellen Texte. Sie wurden von Menschen mit Psychiatrieerfahrung entwickelt, doch erzählen sie von universellen Themen.

Die Metapher des "Narrenschiffs" als Bild für die Welt ist heute ebenso aktuell wie im Mittelalter, als sie erfunden wurde. Der Autor und Jurist Sebastian Brant stellte in seinem Buch eine ganze Typologie von Narren vor: allerhand "Typen" mit Besonderheiten und Eigenschaften, die nicht der Gesellschaftsordnung entsprachen. Das Buch wurde ab 1494 durch den frühen Buchdruck zum europaweiten Bestseller.

Vermutlich inspirierte es auch den Maler Hieronymus Bosch zum gleichnamigen Gemälde, dessen fantastische Bildsprache bis heute fasziniert. Gewiss hat auch dieses geheimnisvolle Werk dazu beitragen, dass das Symbol des "Narrenschiffs" bis in die Neuzeit immer wieder aufgenommen und bis in die 1960er-Jahre vielfach variiert wurde. Zu diesem Zeitpunkt erschien auch Michel Foucaults Meilenstein der Psychiatriegeschichte "Wahnsinn und Gesellschaft", dessen erstes Kapitel den Titel "Stultifera Navis", also "Narrenschiff" trägt. Der berühmte Philosoph hatte 1954 die Psychiatrie in Münsterlingen besucht und dort mit Begeisterung die Fasnacht miterlebt.

Aus diesen drei historischen Quellen schöpften die Schauspieler und Drehbuchautorinnen des Films "Das Narrenschiff", der vor Romanshorn und Altnau gedreht wurde. Die Texte aktualisieren wiederum das zeitlose Thema: In einer verrückt gewordenen Welt treten sie als Chor auf, der mit besonderer Hellsicht den Zustand der Welt kommentiert.

Das Bild des "Narrenschiffs" ist ein Symbol, das bis heute Gültigkeit hat: das Bild des Boots auf dem Wasser mit seinen Passagieren, die sich aus Not oder Abenteuerlust gemeinsam ins Unbekannte aufmachen. Wer denn letztlich verrückt ist, die Besatzung oder die Welt, der sie entfliehen, diese Frage bleibt letztlich unbeantwortbar. Am Abend des 20. Juni gehen Kuratorin Stefanie Hoch, Museumsdirektor Markus Landert und Kulturvermittlerin Sabine Münzenmaier der Metapher des Narrenschiffs in Text, Bild und im Gespräch miteinander nach.

Eine Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung "Javier Téllez – Das Narrenschiff".


 
 
Veranstaltungsort: Kunstmuseum Thurgau - Kartause Ittingen, Warth
https://kunstmuseum.tg.ch
Der Eintritt zum Vortrag ist frei

Weitere Info: Eine Anmeldung ist erwünscht: sekretariat.kunstmuseum@tg.ch
 
 
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