Angela Glajcar «FLASHBACK» im Kunstraum Dornbirn
Die Ausstellung "FLASHBACK" überspannt ein Jahrzehnt künstlerischen Schaffens, indem Angela Glajcar die zwei raumgreifenden Installationen "2009-072 Terforation" und "2019-043 Terforation" erstmalig in der historischen Montagehalle des Kunstraum Dornbirn aufeinandertreffen lässt. Glajcars bevorzugter Werkstoff ist Papier, welches in großen Bögen in Form gerissen und, gleich einer Staffelung, zu raumgreifenden Gebilden addiert wird. Der Arbeitsprozess ist direkt, physisch fordernd und zeitintensiv.
In Dornbirn steht man beim Eintreten in die große Industriehalle direkt vor dem monumentalen Werk "2009-072 Terforation", welches 2009 erstmalig in der Kunst Station St. Peter in Köln präsentiert wurde. An einer Halterung aus Metall und Kunststoff hängen auf zehn Metern Länge eine Vielzahl aufgefädelter Papierbögen. Sie formen eine Art Welle, die am höchsten Punkt vier Meter erreicht. Jeder Bogen wurde per Hand bearbeitet und mit einem Loch je unterschiedlichen Ausmaßes versehen, welches sich sodann tunnelartig als Hohlraum durch den aus Papier geformten Körper zieht. Am tiefsten Hängepunkt der Installation ist man durch eine Aussparung eingeladen einzutreten und ins Innere zu blicken. Ein bestimmender Faktor dieser immanenten, hochästhetischen Ambivalenz ist das Licht, welches auf die reflektierenden Papiere, die Risskanten oder in die Zwischenräume scheint.
Das zweite Werk der Ausstellung, "2019-043 Terforation", war 2019 im Sharjah Art Museum zu sehen. Mit einer Länge von 4,8 Metern und einer Breite von 4,6 Metern hält diese Arbeit ein grundsätzlich anderes Erleben der Form bereit. Über dem Boden schwebend ist sie auf einen Blick nicht vollständig erfassbar. Die Papierbahnen reihen sich an mehreren Strängen auf, formen sich zu Rundungen oder bilden Fächer. Alles scheint einem Punkt zu entspringen und sich in sich zu schließen, doch dieser Eindruck wird beim physischen Umrunden immer wieder ad absurdum geführt, indem die eben noch geschlossene Form sich öffnet und aufzulösen scheint. Die Künstlerin experimentiert innerhalb der Arbeiten und in Beziehung zu dem jeweils beherbergenden Raum mit einem Wechselspiel aus Konstruktion und Dekonstruktion von raumgreifenden Formen. Ihre Gebilde bewegen sich – immer bestimmt vom Blickwinkel –
zwischen den Sphären des Abstrakten und Gegenständlichen, ohne sich schlussendlich festzulegen.
Die ehemalige Industriehalle des Kunstraum Dornbirn bietet dazu eine besonders reizvolle Umgebung: Das natürliche Licht, welches durch die großen, rundumlaufenden Sprossenfenster die Stimmung im Inneren im Tagesverlauf und wetterabhängig gestaltet, wird die papiernen Oberflächen und skulpturalen Körper in ein spannendes, sich ständig veränderndes Wechselverhältnis mit dem Raum treten lassen. Durch das sich verändernde Tageslicht ist unser Erleben immer situativ und einmalig – wiederkommen lohnt sich.
Biografie Angela Glajcar (*1970, Mainz, Deutschland) studierte von 1991 bis 1998 Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Von 1998 bis 2004 hatte sie Lehraufträge ebendort sowie an der Fachhochschule Mainz und den Universitäten Gießen und Dortmund, 2007 und 2008 eine Gastprofessur an der Universität Gießen. Die Werke Glajcars sind weltweit in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt worden, wie beispielsweise der Landesgalerie Niederösterreich in Krems, im Jeonbuk Museum of Art South Korea und dem Haus des Papiers, Berlin (beide 2021), dem NMWA National Museum of Women in the Arts, Washington (2020), im Sharjah Art Museum (2019), Les3Cha centre d'art Châteaugiron (2018), dem CODA Museum Apeldoorn (2017) und einer permanenten Installation im Museum Wiesbaden (seit 2017).
Ausstellungsdauer
21. Juni – 1. Dezember 2024 Täglich 10-18 Uhr
Die ausführliche Ausstellungshistorie und einen Einblick in das gesamte Werk Angela Glajcars finden Sie online: www.glajcar.de